MICHAEL ERASMUS WEGERER, *1970 in Wiener Neustadt, arbeitet mit erweiterten Verfahren der Druckgrafik sowie Installationen. 2008 absolvierte er mit Auszeichnung das Studium der Bildenden und Medialen Kunst an der Universität für angewandte Kunst, Wien. 2009 erfolgte die Übersiedelung nach London und das Studium Fine Art Practice am Royal College of Art. Nach Abschluss seines Masterstudiums im Bereich Fine Art Printmaking in London hielt er Vorträge und lehrte als Gastlektor an verschiedenen internationalen Universitäten. Seit 2003 sind Wegerers Arbeiten in zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen vertreten. Wegerer lebt und arbeitet in Wien Liesing und Wiener Neustadt.
Siebdruck als Work in Progress
Hier habe er genug Licht und Raum, um arbeiten zu können, erklärt Wegerer seine Ortswahl, bevor er durch die Werkstätte führt: „In diesen Räumen wird produziert, was ich im Atelier entwerfe. Oder umgekehrt: Ich probiere hier Dinge aus, die ich dann im Atelier weiterverarbeite“, erklärt er seinen Arbeitsprozess. „Die Werkstätte nutze ich nur zum Siebdrucken. Samstag ist jeweils Produktionstag, dann kommen auch meine beiden Assistentinnen, um mich zu unterstützen.“Wada Sanzo: Farbklänge des japanischen Meisters
Wegerer holt ein Farblexikon des japanischen Malers und Kostümbildners Wada Sanzō. Ähnlich der musikalischen Harmonielehre werden darin Farbklänge, also „visuelle Akkorde“, aus über 100.000 verschiedenen Farben vorgeschlagen: „Von dieser Palette gehe ich aus, danach wird es intuitiv“, sagt er. „Hier liegt die eigentliche Herausforderung bei der Druckgrafik: Man muss die Technik wirklich beherrschen, ja überwinden, um zu seinen Freiheiten zu kommen.“"Hier liegt die eigentliche Herausforderung bei der Druckgrafik: Man muss die Technik wirklich beherrschen, ja überwinden, um zu seinen Freiheiten zu kommen.“
Michael Erasmus Wegerer
Kraftdreikampf: Sport als zweite Passion
Nach dem Rundgang durch die Werkstätte kocht Wegerer Kaffee und erzählt über den eigenen Werdegang, der alles andere als klassisch verlaufen ist: „Man kann sagen, ich bin ein Spätberufener, aber das stimmt nur zum Teil. Kunst wollte ich schon als Kind machen. Aber als 15-Jähriger weg aus Wiener Neustadt nach Wien gehen auf die Grafische? Der Weg war mir zu weit.“ Wegerer erzählt von seiner zweiten großen Passion, dem Sport. Schon damals war er Gewichtheber und musste sich auch in dieser Hinsicht entscheiden: Sport oder Kunst? „Ich habe mir gedacht: Wenn du mit der Kunst anfängst, wird sie dich so einnehmen, dass du nichts anderes mehr machst. Darum habe ich mir gesagt: Kunst kannst du auch später machen, mit über 30.“ Wegerer besuchte in Wiener Neustadt die HTL, studierte anschließend Elektrotechnik, begann einen gut bezahlten Brotjob und brachte es im Kraftdreikampf zur IPF-Weltmeisterschaft.Erneuerer des Glasdrucks
Das technische Know-how seines früheren Brotjobs kommt ihm heute zugute. Wegerer ist ein Lösungssucher und -finder. So erarbeitete er etwa neue Methoden für Glasdruck via Ofenbrand (siehe Factbox) und hat sich hier eine Nische geschaffen, die ihm auch Aufträge von außen – für Kirchenfenster oder die modernen Panoramascheiben einer Rudolf-Steiner-Schule einbringt. Auch Auftragsdrucke für andere Künstler:innen stellt er regelmäßig her. Und sogar der Sport hielt kürzlich wieder Einzug in sein Leben: „20 Jahre habe ich kein Krafttraining gemacht. Jetzt habe ich wieder begonnen. Es ist mein Ausgleich und macht mir den Kopf frei. Früher habe ich oft bis in die Nacht hinein produziert. Jetzt höre ich um 18 Uhr auf und trainiere.“ Die schweren Glasplatten stemmt Wegerer nun mit links. Und auch sonst zeigt das Training Erfolge. Nur am Rande erwähnt der Künstler, der in so gar keine Schublade passt, dass er kürzlich an einer Meisterschaft teilnahm. Den Titel des Vizeweltmeisters brachte er mit.Ofenbrand
- Bei diesem Verfahren werden Glasscheiben via Siebdruck bedruckt und die Farben anschließend im Ofen eingebrannt. Michael Wegerer über sein Projekt Quint Screen Print : „So können traditionelle, bisweilen teure und umweltbelastende Verfahren (zum Beispiel Glasätzen ) ergänzt und das Siebdruckverfahren für das 21. Jahrhundert weiterentwickelt werden.“ Wegerer ist europaweit einer von wenigen Siebdruckern, die dieses Verfahren anbieten.
Wussten Sie, dass Michael Erasmus Wegerer ….
- … in einem eigenen Archiv Zeitungsausschnitte und Statistiken sammelt? Er verarbeitet sie in Collagen mit Fokus auf soziokulturelle Themen wie Migration oder den Klimawandel.
- … auch schon eine Doppelseite von „DER STANDARD“ als Printmotiv verwendet hat? Das so entstandene, auf Glas gedruckte Kunstwerk heißt „We have never been modern“ und wurde kürzlich an einen Sammler verkauft. Er verwendet auch Sujets anderer bekannter Tageszeitungen.
- … seit der Pandemie regelmäßig Updates im Internet veröffentlicht? Hier geht es zu seinem Instagram-Account .
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