Kunst begegnet uns an den unterschiedlichsten Orten: in Galerien, Ateliers, Museen, in Privatwohnungen – aber auch in Form einer Installation in der U-Bahn-Station oder Fußgängerzone. Als Leiterin von KÖR (Kunst im öffentlichen Raum GmbH) kennt sich Martina Taig mit all diesen Sphären aus – Grund genug, sie nach der Wirkung von Raum und Kontext bei der Betrachtung eines Werkes zu fragen.
Ein Interview mit Martina Taig
Frau Taig, bei Kunst im öffentlichen Raum dauert es oft eine ganze Weile, bis man sie entdeckt und sich denkt: Hoppla, da steht ja etwas, das ich mir genauer anschauen könnte.
Martina Taig: Genau. Nicht alles, was uns auf unseren Alltagswegen begegnet, ist sofort als Kunst erkennbar. Das ist oft sogar gewollt. Und manchmal passiert es einfach, weil der städtische Raum schwierig sein kann, er ist weitläufig und schluckt vieles. Es gibt aber auch Projekte, die bewusst Zeit brauchen, damit man sie in ihrer Vielschichtigkeit überhaupt versteht.
Im Museum ist klar definiert, dass die Kunst im Zentrum steht. Wie weiß ich im öffentlichen Raum, wo Kunst zu finden ist?
Auf einer Verkehrsinsel oder an einer Hausfassade rechnet man oft nicht mit Kunst. Wir bemühen uns, durch Kommunikation Aufmerksamkeit zu generieren. Und wir bringen an all unseren Projekten eine Tafel an, damit man weiß, von wem das Kunstwerk stammt und was es bedeutet. Dort gibt es auch einen QR-Code oder einen Weblink, um an weiterführende Informationen zu gelangen.
Bestenfalls ist Kunst im öffentlichen Raum also eine Art guter Bekannter, dem man ständig über den Weg läuft?
Absolut. In Wien gibt es auch Orte, an denen schon eine gewisse Erwartungshaltung besteht. Der Kunstplatz Graben zum Beispiel, da wird einmal im Jahr ein neues Projekt umgesetzt. Mittlerweile werden wir schon gefragt, was als Nächstes kommen wird. Ein großer Reiz liegt aber auch darin, überrascht zu werden. Kunst an Plätzen zu finden, mit denen man nicht damit rechnet. Durch diese neuen Werke verändert sich die Stadt ja auch, man erlebt sie neu und anders.
Nehme ich Kunst zuhause also anders wahr?
In meinen Privaträumen sind viel intimere Begegnungen mit Kunst möglich. Ich kann selbst entscheiden, an welcher Wand welches Gemälde hängt, und kann es in entspannter Atmosphäre so lange ansehen, wie ich will. Im öffentlichen Raum bin ich ja meist auf dem Weg irgendwo hin. Und im Museum herrscht oft eine eher steife, offizielle Stimmung.In meinen Privaträumen sind viel intimere Begegnungen mit Kunst möglich.
Martina Taig
Man verändert sich im Laufe des Lebens. Nimmt man Kunst dadurch anders wahr?
Man selbst verändert sich, und die Situation, in der man Kunst wahrnimmt. Im öffentlichen Raum macht es ja auch einen Unterschied, ob andere Menschen anwesend sind oder nicht. Privat muss man ein Bild vielleicht auch einmal ab- oder umhängen und mit anderer Kunst kombinieren, um es wieder mit neuer Kraft aufzuladen.