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„Ein schönes Ritual“

Menschen bei einer Ausstellung in einer Galerie für moderne Kunst
Vernissage in einer Galerie für moderne Kunst

Kunst kann man heute auch im Internet sehen und kaufen. Warum Vernissagen trotzdem wichtig sind, erklärt die Wiener Galeristin Sophie Tappeiner. 

Man traut es sich kaum zuzugeben, aber die Gründe auf eine Vernissage zu gehen, sind oft banal: Eröffnungen von Ausstellungen sind soziale Events, es geht nicht nur darum, Kunst zu sehen, sondern darum, selbst gesehen zu werden. Eine Vernissage kann wie ein Clubabend sein, eine coole Crowd trifft sich, plaudert locker in und vor der Galerie, man tauscht sich aus, hängt gemeinsam ab, hat Spaß in elegantem Ambiente und bekommt den Wein umsonst. In dieser lockeren, offenen Stimmung lernt man schnell andere kennen – als Thema hat man ja die Kunst.

Vernissagen: Finanziell nicht lohnend

Warum Vernissagen für das Publikum attraktiv sind, liegt also auf der Hand. Bleibt die Frage: Warum setzen Galerien noch auf diese Präsentation? Schließlich vereinbaren wirklich interessierte Sammler:innen eher Einzelbesichtigungstermine und Presseführungen finden meist schon am Vormittag vor der abendlichen Eröffnung statt. „Vernissagen sind wirklich nicht essentiell für den finanziellen Erfolg“, bestätigt Sophie Tappeiner, die 2017 eine Galerie für junge Kunst in Wien eröffnet hat. „Für mich haben sie etwas Rituelles: Eine Eröffnung würde sich weniger feierlich ohne Vernissage anfühlen, wir arbeiten ja lange darauf hin.“ Die Künstler:innen sind anwesend, für sie ist es spannend, direktes Feedback auf ihre Ausstellung zu bekommen. „Es sind gerade diese zufälligen Begegnungen, die bei Vernissagen möglich sind, die uns in der Pandemie so abgehen. Dass man sich informell und leger austauschen kann“, sagt Tappeiner.

Portrait Sophie Tappeiner © Sophie Tappeiner

Kunstkauf: Galerie oder Instagram?

Dass man Kunst heute auch auf Instagram – und natürlich auch auf Plattformen wie unserem ARTcube21 – sehen und kaufen kann, findet die Galeristin kein Argument gegen die Live-Begegnung mit dem Werk. „Auf dem Handy bekommt man doch gar kein Gefühl für die Größe eines Kunstwerkes. Die Haptik, das Material – all das spürt man nur in der direkten Begegnung.“ Tappeiner ist überzeugt, dass man ein Kunstwerk völlig anders und intensiver in der Galerie wahrnimmt als auf dem Handybildschirm beim Warten auf den Bus. Sie meint, das Mindset sei ein anderes: „Instagram hat die Kunst demokratisiert und hilft bei der Recherche, aber es ersetzt nicht das direkte Kunsterlebnis!“

„Instagram hat die Kunst demokratisiert und hilft bei der Recherche, aber es ersetzt nicht das direkte Kunsterlebnis!“

Aus Firnis-Versiegelung wurde Eröffnung

Der Begriff Vernissage hat übrigens eine lange Geschichte. Ursprünglich war damit die Firnis (französisch: vernis) gemeint, also der Klarlack, der auf das fertige Gemälde aufgetragen wurde, um es vor Umwelteinflüssen zu schützen. Es ist der letzte Schritt, bevor das Werk wirklich fertig ist. Im Laufe der Zeit entstand der Brauch, dieses Firnissen mit einer Feier im Kreis von Freund:innen, Mäzen:innen und Auftraggeber:innen zu würdigen. Irgendwann wurde daraus dann die Vernissage, die offizielle Ausstellungseröffnung.

Nicht tot zu kriegen

Nun übersteht dieses Ritual scheinbar nicht nur die Abschaffung des Firnissens, sondern auch den Kunstverkauf im Netz. Es scheint, als sei die gute alte Vernissage nicht tot zu kriegen. Nach wie vor sind die meisten dieser Events gut besucht. Denn das Schöne daran: Jede:r ist willkommen. Und vielleicht ist der eine oder die andere ja auch wirklich da, um zu tun, wofür die Vernissage gedacht ist: Sich die Kunst anzuschauen, in einem Ambiente, das sie wirklich zur Geltung bringt.

Vernissage: Einige sind wirklich gekommen, um sich die Kunst anzusehen. - Foto: Adrien Olichon/unsplash
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