Millionenbeträge für eine Serie verpixelter Köpfe oder Katzenfiguren aus einem Videospiel? Werden gezahlt. Aber lohnt sich die Investition in digitale Kunst auch auf lange Sicht?
Wohin sind die Zeiten, als bei Abendessen im Kunstbetrieb über neue Talente, Stile oder Ausstellungen diskutiert wurde? Seit geraumer Zeit landen alle Gespräche bei einem Thema: „Was halten Sie von NFTs?“ „Non-Fungible Tokens“ sind digitale Echtheitszertifikate, die das Eigentum an einem virtuellen Objekt verbürgen. Zwar existiert Kunst im Internet bereits seit drei Jahrzehnten, aber durch die Blockchain-Technologie wurde nun erstmals ein Weg gefunden, daraus handelbare, weil verwertungsrechtlich abgesicherte, „Originale“ zu erzeugen.
Millionen für CryptoPunks und CryptoKitties
Zu den ersten NFTs zählten 2017 die „CryptoPunks“, grob verpixelte Köpfe, die als Profilbilder populär wurden und mittlerweile zu Millionenbeträgen versteigert werden. Auch die „CryptoKitties“, Katzen als Sammlerfiguren aus dem gleichnamigen Videospiel, erlebten eine unglaubliche Preissteigerung. Sie werden auf speziellen Plattformen wie OpenSea oder Rarible verkauft.
Enorme Wertsteigerung in kürzester Zeit
Am Kunstmarkt sind NFTs seit März 2021 in aller Munde. Damals erzielte bei einer Auktion von Christie’s das Bild „Everydays – The First 5000 Days“ des Grafikdesigners Beeple den Rekordpreis von 42.329,453 Ether. Dieser Betrag in der Kryptowährung Ethereum – der zweitwichtigsten nach Bitcoin – wurde im Frühjahr noch mit 69 Millionen Dollar beziffert. Bei derzeitigem Kurs beträgt der Wert 202 Millionen Dollar, hat sich also fast verdreifacht.
Erwin Wurm für Kryptowährungsmillionäre
Der NFT-Hype am Kunstmarkt hat eine neue Kundschaft im Auge, nämlich Kryptowährungsmillionäre aus der Technologiebranche. Diese Gruppe kann nun per Mouseclick in Kryptokunst investieren – schließlich gilt es auch virtuelles Vermögen gewinnbringend anzulegen. In Europa treibt der Berliner Galerist Johann König diesen Trend voran. Auf Königs Handelsplattform Misa, auf der auch mit Dollar gezahlt werden kann, fand im August der „Drop“ eines NFTs von Erwin Wurm statt. Sein Video aus der Serie „Fat Cars“, das einen sich aufblähenden Porsche zeigt, wurde 24 Stunden lang in einer Auflage von 250 Stück angeboten. Der günstige Preis von 999 Dollar war offensichtlich ein Lockangebot, um auch die Stammkunden für NFTs zu interessieren.
NFTs: Gekommen um zu bleiben
Derzeit wiegen die Argumente gegen das Sammeln von Kryptokunst noch schwerer als jene dafür. Sei es der spekulative, unübersichtliche Markt, die Flut an mittelmäßigen Werken oder auch der enorme Stromverbrauch der Blockchain-Technologie, der den Klimawandel zusätzlich befeuern wird. Wer jedoch allein an die Masse von Medienkünstler:innen denkt, die jedes Jahr die Kunstakademien verlassen und nun eine Chance zum Verkauf ihrer „Originale“ erhalten, dem wird schnell klar: NFTs sind gekommen, um zu bleiben.