„Yes Darling, But Is It Art?“
Tex Rubinowitz über die Frage aller Fragen.
Der erste Satz, Kunst sei gefährlich, ist insofern wundervoll, weil in ihm zauberisch zwei Komponenten von Kunstauffassung vereint sind. Erstens: Ich habe keine Ahnung, aber wird schon irgendwie stimmen. Und zweitens: Da kann man noch so viel Theorieballast abladen. Wer kauft das? Wer versteht diesen Quatsch? Und was kompensiert er damit?
In seiner kompletten Resignation ist das ein verhältnismäßig mildes Kunsturteil. Schöner ist dagegen der Versuch, sich WIRKLICH mit Kunst auseinanderzusetzen – und dabei immer knapp danebenzuliegen. Nur zu glauben oder zu ahnen, WAS Kunst ist, WER die Künstler sind, was sie antreibt, das zu produzieren, was man selbst nur ahnungsweise begreift.
Warum die Kleckse von Jackson Pollock? Kann ich auch, aber irgendwas steckt doch dahinter? Vielleicht zu viel Kafka gelesen? Aber: Was soll das mit dem Käfer?
Hermann Nitsch, all dieses Blut. Ich ahne, woher das kommt, aber überlass euch die Interpretation.
Holprige Hommagen an Yoko Ono und Dalí
Es gibt eine wunderbare britische Band namens Television Personalities. Genau genommen gibt es sie gar nicht mehr, weil deren Kopf, Daniel Treacy, infolge unkontrollierten Giftkonsums inzwischen nur noch totgekochtes Gemüse ist. Doch als er noch produktiv war – die Band gibt’s seit 1977 –, hat er prachtvolle kleine Platten gemacht, unter Ausschluss der Öffentlichkeit sozusagen. Ein Albumtitel fragt: „Yes Darling, But Is It Art?“ Das Plattencover zeigt ein kleines Mädchen vor einem Nitsch-artigen Gekleckse. Es präsentiert seine roten Handinnenflächen, in jeder Hinsicht sprachlos.
In anderen Songs singt Daniel Treacy von „Salvador Dalí’s Garden Party“ oder davon, dass er sich an die Op-Art-Künstlerin Bridget Riley erinnert, „I Remember Bridget Riley“, oder gar vollkommen zerbrechlich und mit verrutschter Stimme in die Rolle von Yoko Ono schlüpft.
Angesichts des Treffens eines altersmüden Hermann Nitsch mit einem vierundzwanzigjährigen, von Instagram gefeierten Jungkünstler namens Leon Löwentraut (über dessen Kunst die „Süddeutsche“ schrieb: „Die Welt muss sich nicht gemeint fühlen von so viel Zuckerguss.“) klingen die holprigen Hommagen von Daniel Treacy umso aufrichtiger.
Auch wenn der Television-Personalities-Sänger inzwischen an der Schwelle zu jenen Sphären steht, in denen Hermann Nitsch schon weilt.
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