Entsteht beim Drucken eigenständige Kunst, sprechen wir von einer „Druckgrafik“. Was das ist, erklären wir hier.
Kunstdruck oder Druckgrafik?
Ebenfalls als Kunstdruck wird umgangssprachlich aber auch das bezeichnet, was die Fachwelt ‚Druckgrafik‘ nennt, nämlich ein Werk, das vom Künstler oder der Künstlerin von vornherein als Druck konzipiert ist, so wie die Sondereditionen im ARTcube21-Shop. Hier gibt es nicht ein Original und dessen Reproduktionen, sondern eine limitierte Anzahl gedruckter Originalwerke. Mitunter wird, sobald die begrenzte Auflage erreicht ist, die Druckplatte vernichtet, damit es keine weiteren Kopien geben kann.
Lithographie: der Steindruck
Historisch gehen Kunstdrucke überraschenderweise auf einen Bühnenautor zurück: Alois Senefelder wollte seine Theatertexte vervielfältigen und erfand Ende des 17. Jahrhunderts den Steindruck, auch Lithographie genannt. Bald wurden so auch Bilder gedruckt und nachträglich manuell koloriert, – bis zur Erfindung der Chromolithografie 1837 . Dabei wird ein Bild in bis zu 25 Farben zerlegt. Anschließend wird jede Farbe – von hell nach dunkel – in einer eigenen Schicht gedruckt.Kunstdruck mit Licht
Noch aufwendiger und hochwertiger war der Lichtdruck (ab 1850), bei dem Chromatgelatine (oder: Chromgelatine), also lichtsensitiv gemachte Gelatine, auf eine Glas- oder Metallplatte aufgetragen und anschließend belichtet wurde. Auch hier kamen mehrere Farbplatten zum Einsatz. Heute gibt es weltweit nur noch einige wenige Lichtdruck-Werkstätten: im Museum für Druckkunst Leipzig, in der weltältesten Fotowerkstatt der Gebrüder Alinari in Florenz und bei Benrido-Druck in Kyōto, Japan. Die Familie Bertholdt im deutschen Hechthausen betreibt die, nach eigenen Angaben, kleinste Lichtdruckerei der Welt.
Beispiele der Lichtdrucktechnik – freundlicherweise zur Verfügung gestellt vom Museum für Druckkunst Leipzig:
Offset: Indirekt drucken mit Zylinder
Der Offsetdruck ist eine Weiterentwicklung der Lithographie. Senefelder konstruierte auch eine Zylinderpresse mit Steinplatte und Gegendruckzylinder. Damit konnte schneller gedruckt werden, und auch der Druck größerer Bögen wurde möglich. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der sich langsam hin und her bewegende Stein durch einen rotierenden Zylinder mit aufgespannter Metallplatte ersetzt. Dies beschleunigte das Drucken abermals und führte bald zur Konstruktion von indirekt druckenden Maschinen. Die Farbe wird hier von der Druckplatte auf einen Gummituchzylinder und dann erst auf Papier oder andere Materialien übertragen. Dieses Verfahren schont die Druckplatte, und der Gummituchzylinder kann leicht und günstig ausgetauscht werden.
Siebdruck: eine japanische Erfindung
Der in Japan entstandene Siebdruck ist Anfang des 20. Jahrhunderts in Amerika weiterentwickelt worden und wird auch industriell und im Textildruck eingesetzt. Dabei wird die Farbe durch ein feinmaschiges Gewebe hindurch auf das zu bedruckende Material gepresst. Ein Vorteil des Verfahrens liegt darin, dass der Farbauftrag je nach Gewebefeinheit variiert werden kann. So können unterschiedlich dicke Farbschichten erzeugt werden.Digitale Kunstdrucke
Digitaldruck schließlich bezeichnet eine Gruppe von Druckverfahren, bei denen das Druckbild direkt aus einer Computerdatei in eine Druckmaschine übertragen wird. Die populärsten Verfahren sind die Elektrofotografie/Fotokopie (Patent 1937), der Tintenstrahldruck (ab 1960) und der Laserdruck (ab 1970). Besonders hochwertige Tintenstrahldrucke werden mit dem Giclée-Verfahren erzeugt. Sie sind farbecht, lichtbeständig und geben Farbtöne mit größter Präzision so wieder, wie der/die Künstler:in es sich wünscht. Die Vorlage für den Digitaldruck wird entweder direkt am Computer erstellt oder – unter Berücksichtigung der Maltechnik und einer darauf abgestimmten Ausleuchtung – abfotografiert und digitalisiert. Mitunter werden auch gemalte oder gezeichnete Vorlagen am Computer weiterbearbeitet, Farben und Strukturen verändert oder ergänzt.3-D-Kunstdrucke
Relativ neu ist, dass Kunstdrucke auch dreidimensional produziert werden können. 1981 wurde die Stereolithographie erfunden. Der erste 3-D-Drucker (SLA-1) kam bereits 1987 in den Handel. Seit 2010 ist ein Fused-Layer-Modeling-Drucker für den Heimbedarf erhältlich. Die Stereolithographie wurde somit um eine Dimension erweitert. Das Werkstück wird schichtweise aus geschmolzenem Kunststoff oder auch aus Metall aufgebaut. Parallel dazu hat sich das 3-D-Siebdruckverfahren entwickelt. Mit diesen Verfahren steht den Druckgrafiker:innen zukünftig auch die Welt der Skulpturen offen.
Meilensteine des Bilderdrucks
- 4. Jahrtausend v. Chr. – Blindprägedruck: Mit Roll- und Stempelsiegeln wird in Mesopotamien und Ägypten Bilderschrift gedruckt.
- Um 600 – Steinabreibung: Die Übertragung von Steinritzungen, Steingravuren oder Reliefs auf Papier wird in China möglich.
- 868 – Holztafeldruck: In Ostasien werden erstmals Bilder spiegelverkehrt in einen Holzstock geschnitten.
- 1719 – Drei- und Vierfarbdruck: Jakob Christoph Le Blon beweist, dass alle Farben inklusive Schwarz aus drei Farben – Rot, Gelb und Blau – gemischt werden können, und stellt die ersten Reproduktionen her.
- 1797 – Lithographie: Der Österreicher Alois Senefelder erfindet das erste Flachdruckverfahren. Diese Art des Steindrucks gehört im 19. Jahrhundert zu den am meisten angewendeten Drucktechniken für farbige Drucksachen.
- 1837 – Chromolithografie: Diese Technik wird von Godefroy Engelmann in Frankreich erfunden. Bis in die 1930er-Jahre ist sie das häufigste Verfahren für farbig gedruckte Illustrationen, wenn auch enorm aufwendig. Zwar können bis zu 21 verschiedene Farben gedruckt werden, allerdings brauchte es für jede einen eigenen Stein.
- 1838 – Fotografie: Erste Versuche mit Kameras gab es auch schon vorher, aber Louis Daguerre aus Frankreich macht die Fotografie haltbar. Entwickelt wird mit Quecksilberdämpfen, fixiert mit einer Kochsalz- oder Natriumthiosulfatlösung.
- 1850 – Lichtdruck: Louis-Alphonse Poitevin aus Frankreich gilt als Vater dieser Technik. Auf eine Glas- oder Metallplatte wird eine Chromatgelatine aufgetragen und anschließend belichtet.
- 1907 – Offsetdruck: Diese Technik, die Massendrucke entscheidend vereinfacht, wird Ira W. Rubel und Caspar Hermann aus Nordamerika zugeschrieben. Die Farbe wird hier von der Druckplatte auf einen Gummituchzylinder und dann erst auf Papier oder andere Materialien übertragen.
- 1910 – Siebdruck: Carl Zigrosser und Anthony Velonis entwickeln in Nordamerika ein Verfahren, bei dem Farbe durch ein feinmaschiges Gewebe hindurch auf das zu bedruckende Material gepresst wird.
- 1969 – Lichtempfindlicher Chip (CCD): Er wird von Willard Boyle und George E. Smith aus Kanada entwickelt und ist die Grundvoraussetzung für digitale Fotografie.
- 1970 - Tintenstrahldruck: Das Druckbild wird hier durch den gezielten Abschuss aus kleinen Farbdüsen oder das Ablenken kleiner Tintentröpfchen erzeugt.
- 1972 – Digitalkamera: Thomas B. McCord und James A. Westphal entwickeln ein 10 kg schweres Gerät mit den Maßen 20 × 20 × 40 cm.
- 1981 – Stereolithographie: Chuck Hull erfindet dieses Verfahren für erste 3-D-Drucke. Das Objekt wird durch frei im Raum materialisierende (Raster-)Punkte schichtweise aufgebaut.
- 1988 – Fused-Layer-Modeling: Durch dieses Verfahren, bei dem ein Werkstück schichtweise aus einem schmelzfähigen Kunststoff oder geschmolzenem Metall aufgebaut wird, können auch komplexe Formen gedruckt werden. In Österreich gehörte Erwin Wurm zu den ersten Künstlern, die mit 3-D-Prints arbeiteten.
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