BARBARA HERBST, *1967 in Schärding, lebt und arbeitet in Wien. Die Künstlerin und Fotografin studierte Kunstgeschichte, Architektur und Archäologie und widmet sich intensiv der Grafik. Sie studiert Grafik und Druckgrafik an der Universität für angewandte Kunst, leitet Kunstworkshops und ist in der Kunstvermittlung tätig.
Ein heißer Sommertag in Wien – doch das Hinterhaus, in dem das Atelier von Barbara Herbst liegt, ist angenehm kühl. Durch weitläufige Gründerzeitflure und einen Hof gelangt man zur Stiege, die in den dritten Stock führt. Die Fenster der Altbauwohnung weisen in drei Richtungen, hinaus auf drei Hinterhöfe mit jeweils verschiedenen Bäumen, durch deren Blätter bewegtes Licht ins Atelier fällt.
Cyanotypie: Kunst aus der Lichtbox
Bäume sind auch eines der Lieblingssujets der Künstlerin, und eben jenes, das sie für die ARTcube21 Kunstdruck-Edition ausgewählt hat: „Das Motiv der Bäume lässt sich wunderbar mit zwei Techniken abbilden, die mich beschäftigen“, erklärt Barbara Herbst, „nämlich mit der Fotografie und der Druckgrafik.“ Herbst fotografiert das Astwerk, produziert eine Negativfolie und belichtet diese in ihrer selbst gebauten Lichtbox. So entsteht eine sogenannte Cyanotypie, ein Lichtbild vom Lichtbild sozusagen, allerdings ein gedrucktes in der – für die Cyanotypie – typischen Farbe Blau.
Edition von Barbara Herbst
„Der Hintergrund ist in drei Bereiche gegliedert. Strukturiert wie Gesteinsformationen vermitteln sie den Eindruck einer Blaupause. Allerdings steht hier nicht das Technische, sondern das Festhalten einstiger organischer Strukturen im Vordergrund. Wirkmächtig dominieren sie die Betrachtung, und doch zeichnen sich in der rechten Bildhälfte – dargestellt in feinen Nuancen – zarte Äste ab. Fast Eiskristallen gleich fügen sie sich in die brachiale Gesamtformulierung ein und verstärken in ihrer Fragilität die atmosphärische Wirkung.“
Silvia Müllegger
EDITION ARTcube21
„Ich arbeite gerne mit sehr speziellen Papieren und frage mich immer: Wie passt die Papieroberfläche zum jeweiligen Motiv? Das ist etwas sehr Sinnliches.“
Barbara Herbst
Relikt aus der Frühzeit der Fotografie
Manchmal fotografiert die Künstlerin städtisches Grün, das sich wider alle Beton- und Asphaltkraft durch Ritzen und Nischen seinen Weg bahnt: „Kleine Elemente, die sich durchkämpfen“, die mag sie. Im Grunde ist auch die Cyanotypie ein solches Relikt, eine kleine, sehr spezielle Technik, die sich bis in unsere digitale Ära behauptet hat und gerade ein kleines Revival erlebt. „Im Grunde ist die Cyanotypie eine Technik aus der Frühzeit der Fotografie“, erklärt Herbst. „Sie wurde Mitte des 19. Jahrhunderts von einem Astronomen, John Herschel, erfunden, so wie viele der frühen fotografischen Techniken zunächst von Chemikern und Physikern entwickelt und betrieben wurden. Die bekanntesten Fototechniken arbeiten mit Silbersalzen, Cyanotypie funktioniert mit Eisensalzen, die lichtempfindlich werden, wenn sie aufeinandertreffen.“ Barbara Herbst nennt die Künstlerin Anna Atkins als Inspiration, deren Werke sie schon als Jugendliche im Victoria & Albert Museum in London entdeckte, sowie den bereits erwähnten Astronomen John Herschel, dessen Bild „Dame mit Harfe“ (1849) sie sofort fasziniert habe.
Blues und Blaue Stunde
Und auch sonst spielt die Farbe Blau in ihrem Alltag eine wesentliche Rolle. So trägt sie ein Halstuch in Königsblau. Fotografieren tut Barbara Herbst bevorzugt während der frühen Morgen- und Abendstunden, in den sogenannten „blauen Stunden“.
Und ihre Lieblingsmusikrichtung ist, wenig überraschend, der Blues. „Mein Allzeitklassiker ist Billie Holliday“, sagt sie, „aber: wirklich wichtige Musiker sind für mich auch Big Bill Broonzi, Muddy Waters und R.L. Burnside. Die habe ich in letzter Zeit viel gehört, auch während der Arbeit an der ARTcube21 Kunstdruck-Edition.“ Ab und zu legt die Künstlerin aber auch all ihre Materialien beiseite und greift selbst zur Gitarre, die unweit ihres Arbeitstisches steht. Fotografie, Druck, Musik und die Beobachtung der gezähmten Natur vor ihrem Fenster: All das fließt zusammen in der ausdrucksstarken Arbeit von Barbara Herbst.
Barbara Herbst über ihre Liebe zur Farbe BLAU:
Frage: Empfindest du es als Vorteil oder als Einschränkung, dass es (also: die Cyanotypie) immer Blau ist? Diese hier ist tintenfarbig, ein bisschen grünlicher …
Barbara Herbst: Man kann die Farbe variieren. Aber: Es ist immer Blau. Das macht für mich eigentlich die Faszination aus beim Arbeiten. Das hat sicher mit meiner Tendenz zu tun, stärker zu reduzieren, abstrahieren –da hilft es, wenn man nur eine Farbe hat. Es ist ja auch so mit Schwarzweißfotografie. Das Motiv wirkt anders, man komponiert die Bilder anders. Das hier ist eigentlich wie Schwarzweißfotografie mit dem Vorteil für mich, dass es eine ganz spezielle Farbe hat, die ich sehr gerne mag.Farbe ist immer mit etwas verbunden, mit Emotionen, Gefühl, Assoziationen. Das ist immer eine Verortung, Farbe. Das passt mir sehr gut. Ich mache auch ein bisschen Musik. Meine Lieblingsmusikrichtung ist der Blues. Das passt sehr schön. Ich mag in der Fotografie sehr, sehr gerne diese ganz frühen Morgenstunden und die Abendstunden, diese Blue Hours. Da fügen sich so ein paar Dinge zusammen. Die Einfarbigkeit reduziert es darauf, nur auf die Struktur und die grafische Komposition zu schauen und gibt den Bildern einen anderen, emotionalen Wert mit. Man sieht die Bilder anders, wenn sie Schwarzweiß sind. Und das Blau liegt mir sehr, muss ich sagen.Es gibt ganz tiefe Blautöne –und man beginnt viel stärker mit Einzelheiten, mit diesen Feinheiten zu arbeiten.“
Über die Technik
- „Die Cyanotypie wurde Mitte des 19. Jahrhunderts von Chemikern, Physikern und Astronomen entwickelt. Sie arbeitet mit verschiedenen Eisensalzen, die lichtempfindlich werden, wenn sie aufeinandertreffen.“ Barbara Herbst
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