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Im Porträt: Christian Flora

Christian Flora im Atelier
Christian Flora im Atelier - Foto: Matthias Dorninger

Christian Flora, *1972 in Klagenfurt, studierte an der Universität für angewandte Kunst in Wien, Meisterklasse Wolfgang Hutter und Wolfgang Herzig. Nach seinem Diplom 1999 absolvierte er das Meisterjahr bei Herbert Just im Bereich Kupfer- und Stahlstich. Seine Arbeiten befinden sich in renommierten öffentlichen und privaten Sammlungen. Flora lebt und arbeitet in Wien, Kärnten und zeitweise am Attersee in Oberösterreich.

Das Entree von Christian Floras Atelier ist kühl: hohe Wände, kaum Möbel, viel Licht. Hier, in einer ehemaligen Aufzugsfabrik in Wien-Ottakring, steht seine Staffelei. Am Tisch daneben liegen die ersten Probedrucke für die ARTcube21 Edition. Denn Flora malt und Flora druckt: Beides eigentlich Techniken, die damals, als er seine Ausbildung an der Universität für angewandte Kunst machte, „total out“ waren, wie der Künstler erzählt.

Atelier von Christian Flora
Im Atelier von Christian Flora

Realismus als Rebellion

„Ich habe in den Neunzigerjahren studiert. Damals hat der Zeitgeist verlangt: Du sollst nicht gegenständlich malen, du sollst abstrakt sein, fotografieren, Installationen aus Neonröhren oder Medienkunst machen. Da bist du schief angeschaut worden, wenn du gesagt hast, du bist ein Maler und in der realistischen Klasse.“ Doch genau hier, in der Meisterklasse Wolfgang Hutter, fühlte Flora sich zu Hause. Wobei „Realismus“ für ihn nie bedeutete, Menschen eins zu eins abzubilden. Wozu? Dafür reiche ein Fotoapparat, erklärt er: Ihm gehe es vielmehr darum, zusammenzustellen, zu collagieren und dabei mit dem Minimalismus der Mittel zu spielen – und da komme ihm, dem der Zeitgeist immer ganz egal gewesen sei, die Radierung entgegen. Wie aber findet er zu seinen Sujets? „Die Motive, die ich in meinen Bildern und Drucken baue, sind im Grunde total erfunden. Sie sind aus meiner Fantasie entwickelt“, sagt er. Trotzdem wirken die Personen, die er darstellt, häufig sehr real. Ihre Blicke, ihre Gesten, das verschmitzte Lächeln, so als könnten uns diese historischen Figuren einiges erzählen, wenn man sie nur fragte: Die leicht spöttisch dreinblickende Dame mit dem Rosenkranz am Arm. Der langhaarige Adelige mit den melancholischen Augen. Oder jener Bürger mit dem lässig gebundenen Halstuch und dem dünner werdenden Haar. Kaum zu glauben, dass es diese Gesichter nicht gab, bevor Flora sie malte. Oder etwa doch?

Chine-collé

Christian Floras Radierung Der Goldfisch wurde in der Radierwerkstätte Rainer Voltmann/ Mödling im Chine-collé-Verfahren gedruckt, einer Technik, bei der ein Bild auch auf eine sehr empfindliche Oberfläche – in diesem Fall Japanpapier – aufgebracht werden kann. Dazu wird das Bild auf eine Oberfläche übertragen, die beim Druckvorgang auf einen schwereren Träger geklebt (frz.: „collé“) wird.

Mehr dazu in unserem Glossar!

EDITION ARTcube21

Der Goldfisch, gerahmt frontal 2
Der Goldfisch - Christian Flora
Im Atelier von Christian Flora
Gesichter und Gesichtsausdrücke faszinieren Flora - wie man an seinen Fund- und Sammlerstücken sieht. - Foto: Matthias Dorninger

Geträumtes Museum

Christian Flora erzählt, dass er manchmal den gleichen wiederkehrenden Traum hat: Er geht durch eine Galerie oder ein Museum. „Großartige Räume mit lauter Kunstwerken, die ich noch nie zuvor gesehen habe. Und während ich noch gar nicht weiß, dass ich träume, will ich sie alle mitnehmen! Oder zumindest festhalten, skizzieren, fotografieren. Aber das funktioniert nicht.“ Vielleicht begegnet er hier den Motiven, die er später auf Leinwand und Papier bringt? „Tatsächlich sind die Bilder im Traum immer sehr figurativ und eigentlich genau das, was ich gerne sehen oder in Zukunft malen möchte“, sagt Flora.

Darüber hinaus holt sich Christian Flora aber auch konkrete Alltagsanregungen für seine Motive: Posen in Zeitschriften zum Beispiel, Modefotografie oder Bilder aus Katalogen. Während er solche Abbildungen zu Beginn seiner Karriere noch analog aus Zeitschriften sammelte, macht er heute digitale Notizen mit der Kamera. Er verwendet auch zeitgenössische Abbildungen aus dem 17., 18. und 19. Jahrhundert, um etwa die Bekleidung seiner Figuren stimmig darstellen zu können. Für das Motiv der Edition ARTcube21 konsultierte er zudem alte Biologiebücher: „Das Skelett eines Goldfischs oder seine Innereien kann ich auch nicht aus dem Gedächtnis zeichnen“, räumt er ein – und lacht.

Foto der Radierung "Der Goldfisch" von Christian Flora
Erst aus der Nähe entdeckt man die winzigen Details der Radierung "Der Goldfisch". - Foto: Matthias Dorninger

Detailreiche Radierung

Neben besagtem Fisch und einer jungen Frau, die diesen in einem wassergefüllten Plastikbeutel hält, ist auf dem nur 20 mal 20 cm großen Druck auch ein Gedicht zu lesen. Auf der Radierungsplatte wurde spiegelverkehrt radiert, sodass die Schrift im Druck lesbar ist: Vorausgesetzt, man beugt sich wirklich zu dem Bild und lässt sich darauf ein. Dass man sich in dieser Art intensiv mit einem Motiv befasst und es wie ein Rätsel dechiffriert, ist eine Situation, die Flora bewusst herstellt. Und auch das Kleinformatige spielt dabei eine Rolle. Flora weist auf den Druck, der auf leicht gelblich getöntem Japanpapier ausgeführt ist: „Das, was ich hier sehe, zwingt mich, nahezukommen und mich mit jedem Detail zu beschäftigen. Im Idealfall ergeht es den Betrachter:innen dabei so wie mir im Kunsthistorischen Museum: Da hängen viele Lieblingsbilder von mir, die sind teilweise sehr klein, und ich bin gezwungen, mich zu konzentrieren, innezuhalten und mich auf dieses detailreiche Bild einzulassen. Das sind für mich die wirklich schönen Momente in der Kunstbetrachtung.“

Einblicke in das Atelier von Christian Flora

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