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Im Porträt: Assunta Abdel Azim Mohamed

Portrait - Assunta Abdel Azim Mohamed - Foto: Matthias Dorninger
Portrait - Assunta Abdel Azim Mohamed - Foto: Matthias Dorninger

ASSUNTA ABDEL AZIM MOHAMED, * 1993 in Klagenfurt am Wörthersee, studierte an der Universität für angewandte Kunst, Wien, bei Jan Svenungsson "Grafik und Druckgrafik". Zu ihrem Markenzeichen wurde jedoch nicht die Druckgrafik, sondern die Kugelschreiber-Zeichnung. Aktuell arbeitet sie wieder mit Siebdruck. Ihre Motive enthalten oft popkulturelle Anspielungen, einige verweisen auf einen dunklen, schmerzhaften oder erotischen Subtext. Mohamed gehört zur jüngsten Generation österreichischer Künstler:innen und war neben zahlreichen Präsentationen auf elf Shortlists für Kunstpreise zu finden. Ihre Werke finden sich in namhaften Sammlungen.

In Assunta Abdel Azim Mohameds Atelier fühlt man sich sofort daheim: Unweit der Rossauer Kaserne im 9. Wiener Bezirk steigt man mehrere Stufen hinab und betritt ein Gewölbe, in dem es nach Jasmintee duftet. Die Künstlerin nutzt den gemütlichen Souterrain-Raum gemeinsam mit zwei Kolleg:innen. Hinter einer Wand steht ein Ofen, in dem Keramik gebrannt wird. Doch mit Ton arbeitet die 28-jährige Absolventin der Universität für Angewandte Kunst nicht.

Wimmelbilder: Immer neues entdecken

Sie hat sich vielmehr der Handzeichnung verschrieben. Mit dem Kugelschreiber füllt sie Seite um Seite mit Porträts, Gruppen, Menschenmengen und Ornamenten: „Ich seziere gerne die Beziehungen zwischen Menschen und zeige dabei Dualismen auf“, sagt sie. Wenn sie ein Bild beginnt, weiß sie oft nicht, wohin es sich bewegt. Sie zeichnet und füllt dabei Stück um Stück: „Ich arbeite gegen den Horror Vacui an. Das heißt: Ich mag es, wenn die Bildfläche extrem befüllt ist. Im Idealfall können die Betrachter:innen meiner Bilder immer wieder Neues entdecken, auch nach einer Woche, auch nach einem Jahr.“

Druckgrafik
Die Linie dieses gedruckten Labyrinths ist in einem durchgezogen: Man kann ihr mit dem Finger folgen. Foto: Matthias Dorninger

Dreierporträt „Mohn-Nächte“

Dass das möglich ist, glaubt man sofort – denn die Arbeiten von Mohamed sind Strich für Strich mit großer Liebe zum Detail ausgeführt. Der Siebdruck „Mohn-Nächte“, den sie für die Edition des ARTcube21 angefertigt hat, lehnt sich an Mohameds Handzeichnungen an. Drei Figuren sind in tintenblauer Farbe ins Zentrum eines schwarzen Quadrats gedruckt: Was sie verbindet? Man ahnt es nur. Ein Bursche blickt, wie ertappt, aus dem Bildfeld heraus. Auf seinem Arm sitzt ein Totenkopffalter, in der Hand hält er eine Mohnkapsel. Symbole des Todes? Eine Allegorie auf den narkotischen Rausch?

Siebdruck für Ungeduldige

Mohamed lächelt. Sie kann und will ihre Bilder nicht für andere Betrachter:innen deuten. Die Technik des Siebdrucks jedoch, die habe sie aktuell wieder für sich entdeckt, erklärt sie: „Ich habe Druckgrafik studiert, dann aber vor allem gezeichnet. Es war spannend, jetzt wieder zu drucken.“ Der Siebdruck sei schon wegen ihrer Ungeduld die ideale Technik für sie: „Eine Radierung – das sind so viele Schritte! Du musst die Platte schleifen, putzen, beschichten, ätzen – eine ganze Kette von Prozessen. „Ich arbeite lieber unmittelbar, direkt vom Kopf auf das Papier.“ Für den Siebdruck hat sie ihre Bleistiftskizze direkt auf eine Folie übertragen, wie man sie als Druckvorlage braucht.

"Ich arbeite lieber unmittelbar, direkt vom Kopf auf das Papier.“

Lieblingsfarbe: Kugelschreiberblau

Mohamed erklärt, wie ein Siebdruck grundsätzlich entsteht, und dass man sich beim Vorgang des Übertragens keine Fehler erlauben sollte. Für den Druck selbst habe sie den Blauton ihrer Kugelschreiberbilder gewählt, denn: „Ich wollte auch hier einen Hinweis auf meine Haupttechnik legen.“

Assunta Mohamed über Motiv und Technik ihres Siebdrucks „Mohn-Nächte“

„Ich arbeite sehr symbollastig. Und da sind jetzt zum Beispiel Totenkopffalter abgebildet und Mohnblumen und Mohnkapseln. Er ist mit dieser Mohnkrone geschmückt. Das sind für mich Symbole Tod und für Vergänglichkeit. Mohn bedeutet Schlaf oder auch Tod.

Das ist eine Dualität, die ich sehr spannend finde. Die gibt es auch in der griechischen Mythologie, das Brüderpaar Morpheus (Anm.: eigentlich Hypnos, Morpheus ist der griechische Gott des Traumes) und Thanatos. Und die sind auch immer gekrönt mit Mohnkapseln.

Ich nehme mir unterschiedliche Referenzen und arbeite sie in einen modernen Kontext ein. Mir geht es um Schnelllebigkeit junger Leute und um Hedonismus, darum, dass man immer neue Nervenkitzel sucht, die nie genügen.

So großartig etwas wirkt: alles ist vergänglich und wird irgendwann zu Grunde gehen. Das ist das grundlegende Motiv all meiner Arbeiten.

Zuerst zeichne ich auf Papier vor, dadurch, dass die Folie transparent ist, kann man sie darauflegen und abpausen. Denn beim direkten Zeichnen darf man sich nicht viele Fehler erlauben. Genau. Das wird dann übertragen und belichtet, damit es auf das Sieb kommt.

Man hat Siebe, die mit einem sehr dichten Raster bespannt sind. Da kommt dann lichtsensitive Paste drauf. Die muss aushärten. Danach kommt die Zeichnung drauf und wird in einen Vakuumtisch gelegt – echt schwierig zu erklären, wenn man es nicht sieht! – wird angesaugt und der Tisch wird umgedreht und es fällt Licht auf das Sieb. Überall dort, wo die Zeichnung ist, wird die Lichtsensitive Schicht zerstört. Wenn du es dann auswäschst, ist quasi nur die Zeichnung aus diesem Sieb ausgelöst. Das heißt: Es kann Farbe durchgehen.

Dann drückt man die Farbe durch. Es ist wesentlich leichter, wenn man es in Person sieht, als wenn man das erklärt. Und – genau: Das sind zwei Siebe, das erste war hier das schwarze Sieb, dann mit der blauen Farbe. Im Prinzip kann man so viele Farben dazutun, wie man mag, aber ich arbeite eigentlich immer monochrom. Und weil ich viel mit Kugelschreiber zeichne, ist Blau hängengeblieben als die Farbe, mit der ich eigentlich arbeite.“

Gefühlslage der Generation 20plus

Das Papier auf dem ihre Arbeit „Mohn-Nächte“ gedruckt ist, ist reinweiß und glänzt. Es wirkt moderner, ja, vielleicht beiläufiger als das Büttenpapier im Atelier des Künstlers Georg Lebzelter. „Man könnte auch für Siebdrucke Büttenpapier verwenden“, erklärt Mohamed. Aber ihre Sache sei das nicht. Ihre Motive wirken direkt und poppig. Zeitgeist-Skizzen, die das Gefühl der Stunde einfangen und dabei eine Frage zu formulieren scheinen. „Ich arbeite mit Symbolen“, sagt Mohamed und öffnet sich nun doch ein wenig für die Interpretation.

Vanitas und Memento Mori

Ihr Bild Mohn-Nächte sehe sie in der Tradition der Vanitas-Darstellung, des Memento Mori. Schlaf und Tod als ständige Begleiter des Menschen. Eine geradezu barocke Gedankenwelt. Und vielleicht sind die Arbeiten der jungen Künstlerin wirklich nicht so weit von der Gedankenwelt des Barock entfernt. Denn sie zeigen eine skeptische Generation 20plus – die im Angesicht von Pandemie und Klimawandel trinkt und liebt und feiert. Die, wie der Barockmensch, den Hedonismus lebt und dabei ahnt: Morgen ist es vielleicht vorbei.

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