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Im Porträt: Michael Erasmus Wegerer

ArtCube21; Michael Wegerer; Matthias Dorninger
Michael Wegerer in seinem Atelier - Fotos: Matthias Dorninger

MICHAEL ERASMUS WEGERER, *1970 in Wiener Neustadt, arbeitet mit erweiterten Verfahren der Druckgrafik sowie Installationen. 2008 absolvierte er mit Auszeichnung das Studium der Bildenden und Medialen Kunst an der Universität für angewandte Kunst, Wien. 2009 erfolgte die Übersiedelung nach London und das Studium Fine Art Practice am Royal College of Art. Nach Abschluss seines Masterstudiums im Bereich Fine Art Printmaking in London hielt er Vorträge und lehrte als Gastlektor an verschiedenen internationalen Universitäten. Seit 2003 sind Wegerers Arbeiten in zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen vertreten. Wegerer lebt und arbeitet in Wien Liesing und Wiener Neustadt.

Wer das Atelier von Michael Erasmus Wegerer sucht, folgt am besten einem Lastwagen, der Zucker transportiert. Wie bitte, Zucker? Ja. Richtig gehört. Denn seit 2017 ist der Künstler mit seiner Siebdruckwerkstatt im ersten Stock der PEZ-Zuckerlfabrik in Wien Liesing eingemietet. Blickt man aus den Panoramafenstern des 60er-Jahre-Baus, sieht man die Lkws mit der süßen Ladung ein- und ausfahren. Bis heute werden unten Zuckerl produziert – und oben Kunst.

Siebdruck als Work in Progress

Hier habe er genug Licht und Raum, um arbeiten zu können, erklärt Wegerer seine Ortswahl, bevor er durch die Werkstätte führt: „In diesen Räumen wird produziert, was ich im Atelier entwerfe. Oder umgekehrt: Ich probiere hier Dinge aus, die ich dann im Atelier weiterverarbeite“, erklärt er seinen Arbeitsprozess. „Die Werkstätte nutze ich nur zum Siebdrucken. Samstag ist jeweils Produktionstag, dann kommen auch meine beiden Assistentinnen, um mich zu unterstützen.“
Das Atelier von Michael Wegerer
Verschiedene Gummirakel liegen bereit. Mit ihnen wird die Farbe auf den Druckschablonen verteilt.
Wegerer zeigt die Motive fertiger Belichtungsfolien, die auf dem Siebdrucktisch liegen: „Diese Folien für die ARTcube21-Edition sind digital erstellt. Man hätte sie aber auch bezeichnen oder bemalen können. Das Material muss nur lichtundurchlässig sein.“ Wegerer geht weiter zur „Abwasch“, einer senkrechten, zwei mal drei Meter hohen Wand, die von hinten beleuchtet werden kann: „Hier werden die Schablonen mit Hochdruckreiniger ausgewaschen“, erklärt er. Das Auswaschen ist ein wesentlicher Vorgang, schließlich experimentiert Wegerer vor jedem Druckvorgang lange mit den Farben. Er druckt, wäscht aus, bestreicht die Schablone erneut mit einer anderen Farbe, die er mit dem Gummirakel (mehr dazu in unserem Text „Was ist ein Siebdruck?“) auf das darunterliegende Papier durchstreicht. Was in der Theorie harmoniert, muss in der Praxis nicht gut wirken. Erst der Probedruck zeigt, ob das Farbspiel tatsächlich funktioniert.

Wada Sanzo: Farbklänge des japanischen Meisters

Wegerer holt ein Farblexikon des japanischen Malers und Kostümbildners Wada Sanzō. Ähnlich der musikalischen Harmonielehre werden darin Farbklänge, also „visuelle Akkorde“, aus über 100.000 verschiedenen Farben vorgeschlagen: „Von dieser Palette gehe ich aus, danach wird es intuitiv“, sagt er. „Hier liegt die eigentliche Herausforderung bei der Druckgrafik: Man muss die Technik wirklich beherrschen, ja überwinden, um zu seinen Freiheiten zu kommen.“
Atelier Michael Wegerer
Wegerer verwendet besonders hochwertige Farben, deren Nuancen er selber anmischt.

"Hier liegt die eigentliche Herausforderung bei der Druckgrafik: Man muss die Technik wirklich beherrschen, ja überwinden, um zu seinen Freiheiten zu kommen.“

Neben dem Siebdrucktisch liegt schon das 210-Gramm-Büttenpapier bereit, das Wegerer gemeinsam mit Kuratorin für die Edition ausgewählt hat. Eine kleine Menge davon dient dem Vorlauf, dem Experimentieren. Verschiedene grafische Motive setzt Wegerer als Module ein, die er auch neben- oder übereinander druckt. Jede Farbe erfordert einen eigenen Druckvorgang. Liegen zwei Farbflächen übereinander, ist vorab nicht klar abzusehen, wie stark die Transparenz sein wird, das heißt, wie deutlich die erste Farbe durch die zweite hindurchscheint: Erst im Probedruck zeigt sich die Wirkung, und erst im Prozess entsteht das Bild.

Kraftdreikampf: Sport als zweite Passion

Nach dem Rundgang durch die Werkstätte kocht Wegerer Kaffee und erzählt über den eigenen Werdegang, der alles andere als klassisch verlaufen ist: „Man kann sagen, ich bin ein Spätberufener, aber das stimmt nur zum Teil. Kunst wollte ich schon als Kind machen. Aber als 15-Jähriger weg aus Wiener Neustadt nach Wien gehen auf die Grafische? Der Weg war mir zu weit.“ Wegerer erzählt von seiner zweiten großen Passion, dem Sport. Schon damals war er Gewichtheber und musste sich auch in dieser Hinsicht entscheiden: Sport oder Kunst? „Ich habe mir gedacht: Wenn du mit der Kunst anfängst, wird sie dich so einnehmen, dass du nichts anderes mehr machst. Darum habe ich mir gesagt: Kunst kannst du auch später machen, mit über 30.“ Wegerer besuchte in Wiener Neustadt die HTL, studierte anschließend Elektrotechnik, begann einen gut bezahlten Brotjob und brachte es im Kraftdreikampf zur IPF-Weltmeisterschaft.
„Gegen den Drang zum Kunst-Machen“, sagt er, „habe ich mich lange gewehrt. Aber irgendwann war klar: Okay, das kannst du nicht unterdrücken. Es war, als würde ich auf einen sprudelnden Kochtopf den Deckel draufhalten.“ Eine Weile habe er als Autodidakt Kunst produziert und schließlich das Studium an der Angewandten, Grafikklasse, begonnen. „Ich war viel älter als die anderen Studierenden. Doch dafür wusste ich schon genau, was ich will.“ Den Nine-to-five-Job kündigte Wegerer und schuf sich eine neue Existenz als Siebdrucker und Künstler.

Erneuerer des Glasdrucks

Das technische Know-how seines früheren Brotjobs kommt ihm heute zugute. Wegerer ist ein Lösungssucher und -finder. So erarbeitete er etwa neue Methoden für Glasdruck via Ofenbrand (siehe Factbox) und hat sich hier eine Nische geschaffen, die ihm auch Aufträge von außen – für Kirchenfenster oder die modernen Panoramascheiben einer Rudolf-Steiner-Schule einbringt. Auch Auftragsdrucke für andere Künstler:innen stellt er regelmäßig her. Und sogar der Sport hielt kürzlich wieder Einzug in sein Leben: „20 Jahre habe ich kein Krafttraining gemacht. Jetzt habe ich wieder begonnen. Es ist mein Ausgleich und macht mir den Kopf frei. Früher habe ich oft bis in die Nacht hinein produziert. Jetzt höre ich um 18 Uhr auf und trainiere.“ Die schweren Glasplatten stemmt Wegerer nun mit links. Und auch sonst zeigt das Training Erfolge. Nur am Rande erwähnt der Künstler, der in so gar keine Schublade passt, dass er kürzlich an einer Meisterschaft teilnahm. Den Titel des Vizeweltmeisters brachte er mit.
ArtCube21; Michael Wegerer; Matthias Dorninger
Musterdrucke auf Glas liegen über Wegerers Papierladen bereit.

Ofenbrand

Einblicke in das Atelier von Michael Wegerer

Wussten Sie, dass Michael Erasmus Wegerer ….

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